Aktuelles

Harriet Witte, Diplom-Pädagogin, bei der Leja-Stiftung; Foto: M.Löwenherz_www.lionheart.de

Neue Perspektiven gesucht! Foto: René Schwerdtel / Kummerfeldt Stiftung / Bundesvereinigung der Senioren-Assistenten Deutschland e.V. 

Thema Gärtnern: Stifts-Mieterinnen und Harriet Witte (1. links im Bild) untersuchen einen Apfelbaum; Foto: Leja-Stiftung

Leja-Flohmarkt: Die nächste fröhliche Tauschaktion wird für diesen Sommer geplant; Foto: Leja-Stiftung

Im Gespräch mit Harriet Witte, Leja-Stiftung: „Kreative Ansätze, die die Gemeinschaft stärken“

Unser Bündnismitglied die Leja-Stiftung in Altona hat seit einem halben Jahr ein Stiftsbüro mit einem Beratungsangebot für soziale Fragen und Nachbarschaftsförderung eingerichtet. Harriet Witte, Diplom-Pädagogin, ist vor Ort die Ansprechpartnerin für die Anliegen einzelner Mieterinnen und den Leja-Beirat. Wir sprachen mit ihr über ihre Pläne und Projekte und darüber, wie wichtig für das Wohnstift die Vernetzung mit dem Stadtteil ist.

Frau Witte, Sie setzen sich seit vielen Jahren für lebenswerte Stadtquartiere ein, für die Menschen und deren Bedürfnisse. Was reizte Sie an der neu geschaffenen Stelle in der Leja-Stiftung?
Die neu geschaffene Stelle in der Leja-Stiftung bietet mir die Möglichkeit, meine Begeisterung für Umweltgestaltung mit konkreten Wohnfragen zu verbinden. Es ist eine wertvolle Aufgabe, sich gemeinsam mit Mieterinnen ihre Wohn-und Lebensräume anzusehen und sich dafür stark zu machen, diese zu verbessern. Neu und spannend ist für mich, dass ich im Leja-Wohnstift in einer Wohnanlage für Frauen arbeite und das Thema „Älterwerden als Frau im urbanen Raum“ auch mich betrifft.  Über das Stift und das Quartier hinaus sind zukünftig für die „Boomerinnen und Boomer“ Ideen wichtig und Konzepte gefragt, die helfen können, ein nachbarschaftlich-lebendiges Leben im Quartier zu unterstützen, um bis ins hohe Alter selbstständig in der eigenen Wohnung leben zu können. Toll, dass sich ein kleines Wohnstift diesen gesellschaftlichen Aufgaben stellt und mit der Zeit geht.

Welche Themen sind in Ihrem Alltag in der Zusammenarbeit mit den Mieterinnen besonders?
„Gutes Wohnen“ ist ein zentrales Thema – besonders, wenn es um bezahlbaren Wohnraum in einem lebhaften Stadtteil in Hamburg Altona geht. Mit ihren mehr als 100 kleinen Wohnungen folgt die gemeinnützige Leja-Stiftung hier ihrer Tradition, preiswerten Wohnraum für Frauen mit kleineren Einkommen zu bieten. Das ist auch heute noch wichtig.  Nach wie vor ist das Gender-Pay-Gap für das Altern ein relevantes Thema und wenig Geld im Alter zu haben, ist durchaus Realität im Stiftsleben.
Dafür weiten gemeinsame Aktivitäten die Lebens-und Wohnqualitäten im Stift zahlreich aus.  Die Vielfalt der Mieterinnen in Bezug auf Alter, Lebensweg und kulturellen Hintergrund bereichert diese Möglichkeiten enorm.  Fragen, wie „Was mag gut für mich und andere sein?“ sind im Stiftungsalltag stets im Blick zu behalten.
Herausforderungen liegen auch beim Wohnkomfort, da viele Wohnungen in einem sanierungsbedürftigen Zustand sind. Lärmschutz, Wärmedämmung, Heizungsanlagen sind die drei großen Stichworte. Während der Stiftungsvorstand sich um die Finanzierung der notwendigen Sanierungen kümmert, haben die Mieterinnen gemischte Gefühle bezüglich der Bauphase, da sie vor den oft ersehnten Verbesserungen in den Wohnungen, die Unannehmlichkeiten der Bauzeit erstmal durchstehen müssen.

Wie sieht Ihr Arbeitstag im Leja-Stift aus, was fordert Ihre meiste Aufmerksamkeit?
Anfangs lag der Fokus auf der Einarbeitung in die Strukturen im Stift mit Zuständigkeiten von Vorstand, Hausverwaltung und dem Kennenlernen der Mieterinnen, dem Mieterinnen-Beirat und Hausmeister-Ehepaar. Inzwischen ist mein Arbeitstag ein spannender Spagat zwischen Einzelgesprächen, informellen Treffen bei einer Tasse Kaffee und administrativen Aufgaben am Schreibtisch zur Unterstützung bei Anträgen oder der Recherche zur Vorbereitung von Beratungen und Meetings. Bei Treffen im „Offenen Büro“ haben wir begonnen, uns regelmäßig auszutauschen, um gemeinsam Ideen zu entwickeln oder Projekte aus dem Beirat zu konkretisieren.
Wichtig ist, die Kreativität und das Können der hier lebenden Frauen zu erkennen. Sie bringen Interessen und viel Wissen mit und ich höre beeindruckende Lebensgeschichten. Die Herausforderung besteht darin, die unterschiedlichen Problemlagen und auch Gemeinsamkeiten und Schnittstellen zu identifizieren und darauf basierend mit den Mieterinnen Lösungen zu entwickeln.

Sie haben viele neue Ideen und schon Pläne für das Jahr geschmiedet. Können Sie mehr verraten?
Die Gesundheitsförderung und das Sportangebot am Morgen stehen auf der Projektliste genauso wie
(Vor-)Leseabende, Digital-Skill-Trainings oder Reiseberichte und ein Leja-Foto-Kalender und vieles mehr. „Der Weg der Dinge“ zu Ressourcen, Reparieren, Müllsammeln und auch Transporthilfe oder dem Tauschen bis hin zu Verkäufen auf ebay und der Flohmarkt auf dem Stiftsgelände werden aktuell im „Offenen Büro“ besprochen. Darin liegt viel Potential zum Sparen und für gemeinschaftliche Aktivitäten.
Thema ist auch das Gärtnern. Wir bereiten einen gemeinsamen Gartentag vor und langfristig gibt es die Idee, die sieben Obstbäume auf dem Stiftsgelände besser zu pflegen und zu nutzen. Im Frühjahr können Kinder und Enkelkinder der Mieterinnen zusammen den professionellen Obstbaumschnitt erlernen, im Sommer werden die Früchte dann gemeinsam geerntet und als Kompott oder Apfelpfannkuchen verzehrt. Es geht darum, kreative Ansätze zu finden, die das Gemeinschaftsgefühl und Wirkmacht stärken können, die Freude bereiten oder Einsamkeit verringern. 

Die Leja-Stiftung zeitgemäß weiter zu entwickeln beinhaltet auch die zielgerichtete Vernetzung mit dem Stadtteil Altona. Welche Bausteine beinhaltet Ihre Strategie?
Die Vernetzung im Stadtteil ist von großer Bedeutung. In Altona müssen wir das Rad nicht neu erfinden, sondern vorhandene Angebote und Ressourcen besser bekannt und sichtbar machen. Das Ziel ist, Beziehungen im Stadtteil zu fördern. Die Leja-Stiftung und ihre Mieterinnen haben dem Quartier viel zu bieten, und es ist wichtig, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Ein Modernisierungskonzept des Leja-Stifts meint auch die Entwicklung von Strategien zur Anpassung der historischen Gebäude an zeitgemäße Wohnstandards. Eine nachhaltige Wohnraumerhaltung beinhaltet eine solidarische Wohnungspolitik und die Förderung von Kooperationen zur langfristigen Sicherung bezahlbaren Wohnraums.
Diese Strategie zielt darauf ab, die Leja-Stiftung als integralen Bestandteil eines lebendigen, generationenübergreifenden Stadtteils zu positionieren und gleichzeitig ihre historische Bedeutung und Funktion zu bewahren. Die Umsetzung dieser Bausteine verspricht, die Stiftung fit für die Zukunft zu machen und ihren Beitrag zur Lebensqualität in Altona weiter zu stärken. Ich leiste mit meiner Arbeit im Stiftsbüro zu diesem Strategiepaket einen kleinen Beitrag.
Die Zusammenarbeit mit der Kummerfeldt-Stiftung, die meine Stelle finanziert, ist hilfreich und ein wichtiger Schritt, um das Bild älterer Menschen in der Gesellschaft positiv zu verändern.  Die Kummerfeldt-Stiftung setzt hier mit dem Social-Senior-Club an und möchte die Fähigkeiten und Erfahrungen von älter werdenden Menschen wertschätzen. Die Stiftung möchte das Bild der Alten und des Alterns in der Öffentlichkeit der Realität anpassen und in ihrer Vielfalt zeigen und sie wehrt sich gegen ein stigmatisierendes Bild der Alten als homogene Gruppe mit Einschränkungen. „Alte sind immer länger alt – und dabei einiges Anderes mehr, als tüddelig und infantil.“  Dieses Umdeuten steht an, ich bin gerne dabei.

Wir wünschen viel Erfolg weiterhin und danken Ihnen ganz herzlich für das Gespräch!

Diese neue Stelle bei der Leja-Stiftung konnte dank der großzügigen Unterstützung der Edgar und Nina Kummerfeldt Stiftung, auch Förderer und Mitglied des Bündnisses, eingerichtet werden.